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Mittwoch, 08. April 2020

Lernzeit im Homeoffice

Mit Corona bekommt Disruption einen anderen Klang. Und darin steckt auch viel Gutes. Ein Experimentierbericht.

Seit der Eskalation der Corona-Pandemie Mitte März werde ich zugeschüttet mit Tipps und Empfehlungen, welche technischen Lösungen und Beratungsleistungen ich in Anspruch nehmen soll, um heil durch die Krise zu kommen. Nicht alle sind so Community-orientiert wie diejenigen, die ich in meinem Artikel Mitte März benannt habe. Und vor allem: Mit den technischen Lösungen ist es ja nicht getan. Um digital wirklich gut - das heißt effektiv und auch längerfristig gesund - arbeiten zu können, muss ich auch meine Konzepte ändern, die Rollen, Abläufe und letztlich Unternehmenskulturen. Das geht nicht so zack-zack.

Ich habe eine Menge experimentiert und mich selbst zahlreichen Versuchen von und mit Kolleginnen und Kollegen ausgesetzt, um ein Gespür zu entwickeln, was funktioniert und was nicht. Das sind meine Erkenntnisse:
1. Zoom ist gerade die Konferenzsoftware der Wahl für ziemlich viele Organisationen und Unternehmen. Mir gefällt Zoom sehr gut, weil ich damit flexibel zwischen Plenum, Kleingruppen und individueller Arbeit hin- und herwechseln kann.
2. Gerade wenn ich mit Menschen arbeite, die sich jetzt erst in digitale Zusammenarbeit und Homeoffice hereingefunden haben, ist weniger in der Regel mehr. Ich habe Workshops mit einhundert Teilnehmenden erlebt, die gleichzeitig in einer Zoom-Konferenz tagen und parallel online dasselbe Google Dokument bearbeiten. Das ist erkenntnisreich, lustig, technisch anspruchsvoll - und unheimlich anstrengend.
3. Online gemeinsam zu arbeiten ist nämlich anstrengender, als in einem üblichen Workshop zu sitzen. Ich muss sehr aufmerksam sein, um gleichzeitig zuhören, Gesichter und Stimmungen am Bildschirm interpretieren, die Arbeitsanweisungen verstehen, den Chat bedienen und womöglich noch weitere elektronische Tools einbinden zu können. Irgendwann ist dann die Luft raus. Wobei ich noch nicht abschließend eine Meinung habe, ob ich das Mantra „nach 90 Minuten ist Schluss" wirklich mitbeten will. Die Experimente dazu laufen noch ;).
4. Meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer brauchen mehr Betreuung, wenn ich Workshops online mache. Aus den soeben genannten Gründen.
5. Online ist auch ein großes Versprechen: Ich kann mitunter mehrere hundert Teilnehmer in einer Konferenz haben. Oder ich kann künstliche Intelligenz einbinden: Einen Versuch dazu hat Silvia Baroni mit der Plattform Howspace durchgeführt, und ich war dabei. Die AI übernimmt die Rolle des Co-Moderators und kann in einem Klick große Mengen an Beiträgen verarbeiten - sprachlich auswerten, clustern, zusammenfassen, highlighten. Nicht alles gibt dabei Sinn, aber vermutlich wird sich hier in nächster Zeit noch Einiges tun.

Ich fühle mich jedenfalls jetzt gerüstet, um meinen Kunden gute Online-Workshops anzubieten. Nicht nur als Notlösung.

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