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Donnerstag, 14. Oktober 2021

London, 16°C, Sonne

Warum man ab und zu den Kopf aus der Tür stecken sollte. Ich bin gerade Arbeitsnomade.

Mein Arbeitsplatz ist gerade in London, an wechselnden Orten: im Regent's Park, im Café der Wallace Collection, im Airbnb-Quartier. Für den überwiegenden Teil des Oktobers habe ich mich in die Riege der so genannten Working Nomads eingereiht, und das ist sehr beflügelnd. Der Tapetenwechsel versorgt mich mit unzähligen neuen Eindrücken und Erfahrungen, und er bläst den Kopf frei. Und das Arbeiten geht auch von hier aus tadellos.

In London bekommt man Hinweise auf Orte mit schnellem und stabilem Internet und gutem Kaffee wie Restauranttipps. Menschen arbeiten dort, wo es nett ist. Die Standardausstattung - und mehr brauche ich wirklich kaum - sind ein Laptop, Handy und Kopfhörer, damit das Telefonieren auch bei etwas unruhigerer Umgebung gut funktioniert. In jedem Café sitzen arbeitende Menschen, und das Personal lässt einen in Ruhe - oder füllt einfach nochmal das Wasserglas auf. Es ist überhaupt nicht ungewöhnlich, wenn ich im Kontext von Renaissance- und Barockkunst ein Angebot verfasse, und es ist mir nicht nur einmal geschehen, dass jemand im dunklen Anzug im öffentlichen Park lautstark einen Millionendeal verhandelt.

Im Großen und Ganzen zeigt sich die Millionenmetropole relativ unbeeindruckt. Was ich zu Hause gelesen habe von leeren Supermärkten und aufgebrachten Autofahrern an Tankstellen, finde ich vor Ort nicht wieder. Ja, bisweilen klafft mal ein Loch im Regal, und an der Tanke ist jede dritte Zapfsäule gesperrt. Aber es regt niemanden so richtig auf. Die Hauptstadt bleibt sich treu: „Keep calm and carry on."

Ich laufe und laufe und laufe. Wer nicht nur Versatzstücke der Stadt sehen möchte beim Auftauchen aus diversen U-Bahn-Schächten, geht zu Fuß. Auch das schafft Raum im Kopf. Ich sehe viele sehr unterschiedliche Stadtquartiere und noch viel mehr unterschiedliche Menschen. Leben und leben lassen: Hier guckt niemand schief, nicht bei schrägen Klamotten und nicht bei dunkler Hautfarbe.

Die Briten sind immer schon pragmatisch gewesen. Digitalisierung und digitale Dienstleistungen sind hier ein Stück weiter gediehen. Lieferwagen der Lebensmittelkonzerne Tesco oder Waitrose sind üblicher Bestandteil des Straßenbildes. Ich habe in 10 Tagen noch nicht einmal Bargeld gezückt. In London lassen sich sehr viele Dinge des täglichen Lebens problemlos über das Smartphone abwickeln - und so hält es auch fast jede:r. Das Thema Mobilität ist auch in London nicht bewältigt, aber verändert sich. Ich sehe zahlreiche Lasten- und Lieferräder. An vielen Straßen steht gar keine Ampel mehr für die Fußgänger, weil die sowieso loslaufen, wenn es einigermaßen frei ist.

Mir gefällt es hier gerade sehr. Remote arbeiten hat klare Vorteile.

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