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Mittwoch, 04. Dezember 2019

Raus aus der Blase!

Warum ich bereit sein sollte, meine Sicht auf die Dinge immer wieder zu hinterfragen.

Wer innovative Lösungen finden will, muss bereit sein, lieb gewonnene Annahmen über den Haufen zu werfen und außerhalb des Gewohnten zu gucken. Wenn ich das in Workshops erzähle, nicken erst einmal alle mit dem Kopf. Und dennoch tun viele sich schwer zuzulassen, dass die eigene Sicht auf die Welt nicht die einzig mögliche und richtige ist. Der dreitägige Design-Thinking-Workshop an der Hochschule Ruhr-West war für mich eine deutliche Bestätigung - in mehrerer Hinsicht.

Die Challenge: Eine Gruppe Studierender, unterstützt von der Leiterin und der Referentin für Hochschuldidaktik, hatte die Aufgabe, ein spezielles Modul im Lehrplan zu verbessern. Drei Tage Zeit - das war endlich einmal so gut bemessen, dass Zeit für Interviews und mehrere Testphasen war, so dass die Arbeitsgruppen ihre Annahmen und Recherche zu Zielgruppen gründlich hinterfragen sowie ihre Prototypen in mehreren Iterationszyklen verbessern konnten. So wurde möglich, dass der so genannte Point of View, die These zur zentralen Herausforderung, am zweiten Tag nochmal gekippt wurde: Nicht Zeitmangel war z.B. das zentrale Problem für den Klausurenschreiber im Drittversuch, die Scham über das Versagen war es. Leicht einsehbar, dass die Lösung ganz woanders lag als zunächst vermutet.

Unternehmen gönnen sich nur sehr selten ausreichend Zeit in Innovations- und Veränderungsprozessen, um die Schleifen wirklich mehrmals zu ziehen, wenn es notwendig ist. Die Phasen für Befragungen und Tests werden als erste gestrichen bei dem üblichen Versuch, den Prozess in einem Arbeitstag unterzubringen.

Die Ergebnisse der Studis, am dritten Tag dem Vizepräsidenten der Hochschule vorgestellt, boten Stoff für die Diskussion grundlegender Fragen der Hochschulentwicklung: Wie kommunizieren die Studierenden wirklich? Denn nicht alles Digitale ist auch angesagt und zielgruppengerecht. Welchen Einfluss hat die kulturelle Prägung auf den Studienerfolg? Durch das aufmerksame Hören auf die anderen, selbst wenn man sie gut zu kennen glaubt, ergeben sich eben doch neue, bisweilen überraschende Einsichten - und damit lassen sich Dinge verbessern.

Die Hochschule Ruhr-West in Mülheim ist eine junge, bewegliche Hochschule. Ein großer Teil der Studierenden hat nicht-deutsche Eltern. Ich habe sie erlebt als extrem anstrengungsbereit, einfühlsam und kulturell kompetent. Design Thinking profitiert von heterogenen Gruppen, in denen die Teilnehmenden ihre jeweils unterschiedliche Weltsicht einbringen, weil sie das Feld der Möglichkeiten vergrößern. Mein Dank gilt an dieser Stelle Dr. Janina Tosic, die nicht nachlässt bei der Anstrengung, Lehre dauerhaft besser zu machen.

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