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Freitag, 08. März 2019

§ 126b BGB

Warum öffentliche Ausschreibungen für kleine Unternehmen echt schwierig sind. Vergabepraxis in digitalen Zeiten

Ich bin – offenbar als eine von wenigen – aufgefordert worden, für die Moderation zahlreicher Sitzungen eines vielköpfigen Beirats ein Angebot abzugeben. Das ist eine schöne Nachricht, denn vom Moderieren lebe ich. Die „Aufforderung zur Angebotsabgabe" erreichte mich über die digitale Vergabeplattform des Landes NRW. Auch das ist okay. Und damit fängt der Streifen an.

Ich lade mir die Unterlagen auf meinen Computer: 19 Dokumente mit bis zu 15 Seiten in fünf Unterordnern umfasst das Paket. Zugegeben: Die meisten Dokumente sind eher bis zu vier Seiten lang, dafür muss ich sie mehrmals lesen, um zu verstehen, was genau gefragt ist. Die zu erledigende Aufgabe ist gut beschrieben, die Rahmenbedingungen sind mir irgendwann auch klar, die Auflistung der Leistungen in einer Excel-Tabelle folgen längst nicht mehr meiner Logik. Sei's drum, was nicht passt, wird passend gemacht.

Ich überlege mir schon im Vorhinein ein grobes Konzept, damit ich Aufwände abschätzen kann. Dann hole ich Verstärkung ins Boot. Zum Glück arbeite ich in einem gut funktionierenden Netzwerk. Halt: Die Netzwerkpartner müssen jetzt auch Dokumente ausfüllen, und ich muss versuchen zu ermessen, in welche rechtliche Kategorie unsere Zusammenarbeit fallen wird. Ich muss Referenzen angeben und die Auftragssummen nennen. Etwas widerwillig krame ich in alten Rechnungen und Angeboten, um die Teilaufträge vergangener Projekte zu Gesamtsummen zu addieren. Da das alles wenig vorstellbar und gar nicht begeisternd erscheint, stelle ich ein Portfolio mit Texten und Bildern zusammen, das – exakt zugeschnitten auf die hier gestellte Aufgabe – ein besseres Bild meiner Arbeitsweise vermittelt. Das Portfolio will natürlich gestaltet werden.

Über das elektronische Bietertool kann ich schließlich alle auszufüllenden Dokumente für den prospektiven Auftraggeber hochladen. Und bei Schritt 4 von sieben Schritten komme ich ins Stocken. „Signatur" heißt der Schritt, und ich sehe im Tool ein weißes Blanko-Feld mit der Aufforderung, meine Angaben nach §126b BGB einzutragen.

Hektik kommt auf. Ich habe keine Ahnung und recherchiere im Hintergrund, was gemeint sein könnte. Stoße über Google auf zahlreiche Fundstellen im Netz, die mir Absicht und Zweck der gesetzlichen Regelung erklären, aber gerade nicht, welche Angaben jetzt zum Donnerwetter gemeint sind. Gleich schmeißt mich das Tool bestimmt aus dem laufenden Prozess, so meine Befürchtung. Und dann öffnen sich die emotionalen Schleusen: Ich trage meinen Firmennamen und die Adresse in das leere Fenster ein und schreibe dazu einen Rant, in dem ich meinen Frust über das aufwändige Verfahren, die unklare Beschreibung des Arbeitsschritts und die fehlende Eingabemaske loslasse.
Vielleicht hat es mich jetzt den Auftrag gekostet. Wer weiß? Nach drei Tagen Aufwand für die Prozedur war das jedenfalls sehr befreiend ;).

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