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Montag, 30. Oktober 2017

Through Different Eyes

Design Thinking Conference in Amsterdam am 26./27. Oktober: zweitätige Heldenreise mit Anklängen ans Theater, inspirierende Impulse und ein internationales Grundverständnis von Empathie

Noch mit etwas Abstand bin ich total erfüllt von meinem Ausflug in die internationale Design Thinking-Welt: Im Tobacco Theater in Amsterdam kamen gut 150 Design Thinker aus allen Ecken der Erde zum experimentellen Austausch bei der ersten internationalen Design Thinking Conference zusammen. Das Beeindruckende: lauter kooperative, neugierige und aufgeschlossene Menschen ohne jeglichen Agentur-Dünkel, zwei Tage pure Energie. Das Leitthema: Empathie.

Empathie gewinnt man durch Üben. Um andere Menschen und Bedürfnisse zu verstehen, reicht Sprache bei Weitem nicht aus, sondern es bedarf weiterer Ausdrucksformen: malen und gestalten, zeigen und spielen, nachmachen und spiegeln. Und immer wieder: sich selbst in Frage stellen und die eigenen Annahmen und Erwartungen loslassen. „Through Different Eyes“ – das Programm bot vielfältige Gelegenheiten, das Motto der Konferenz zu erleben. Die Dramaturgie der zwei Tage orientierte sich an der klassischen Heldenreise mit dem Schema Aufbruch – Ungewissheit – Point of no Return – Prüfungen – Klimax/Wendepunkt – Läuterung – Heimkehr. Ein paar Beispiele:

Moderatorin Lauren Currie, ausgestattet mit dem charmantesten schottischen Akzent, brachte ihr Projekt #upfront mit auf die Bühne: Menschen mit einem Anliegen, die es aber, weil schüchtern, niemals großem Publikum vortragen würden, dürfen unbehelligt einfach auf der Bühne sitzen und erfahren, wie es sich anfühlt. Weil die Erfahrung zeigt, dass 30 Prozent von ihnen die Bühnenangst ablegen.

Guy van Liemt gestaltete den interaktiven Einstieg mit seinem Beitrag über die Ausprägungen von happiness: kurzer Moment der Erregung oder nachhaltige Zufriedenheit?

Philosoph Andre Klukhuhn sprach über die Notwendigkeit, dass Menschen die Vielfalt ihrer möglichen Rollen leben: als Wissenschaftler, als Künstler und Designer und in der Wahrnehmung eben dieser Rollenvielfalt als Philosophen. Dazwischen: das God shaped hole...

Überaus lebhaft und beeindruckend die Lektion in Sachen Improvisation von Belina Raffy. Fachlich sauber eingebettet in das Theorie-Dreieck zwischen „Nimm wahr, was da ist“, „Nutze alles, was dir zur Verfügung steht“ und „Lass los!“.

Für mich tatsächlich der Höhepunkt des Programms: Susan Schaller mit ihrer bewegenden Beschreibung, wie sie einem erwachsenen Mann ohne jegliches Verständnis für Wörter die Sprache nahebrachte und ihm die Tür zur Menschlichkeit öffnete.

Daneben Salma Yasmeen, die als Frau das saudische Gesundheitssystem umkrempelt, und Meeta Patel, die den Weg bahnte, um das Gelernte der zwei Tage in den Alltag hinüber zu retten. Zum Erleben und Experimentieren außerdem drei auf die vorher abgefragten Bedürfnisse zugeschnittene Workshop-Sessions.

Das Setting bot noch mehr liebenswerte Details: Die Teilnehmer wurden in unterschiedlichen Paarungen, Workshops und Reflexionsgruppen vernetzt, so dass man sich am Ende des ersten Tages schon als etablierter Teil des sozialen Geschehens fühlte. Der „Narr“ sorgte für Ausgewogenheit: Er hätte sich nicht geoutet, doch als bisweilen nörgelnder Bedenkenträger richtete Mitstreiter Adam StJohn Lawrence das Augenmerk ab und an auf inhaltliche Schieflagen und einseitige Betrachtungen. 

Grandios! Danke an die Veranstalter um Jeroen Weide und Arne van Oosterom von der DesignThinkersGroup Amsterdam.

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